Ein Setting in verschiedenen Systemen: Perry Rhodan im Blick

Was macht ein Setting aus? 


Will man im Perry Rhodan Kosmos, aka Perryversum spielen, stellt sich unweigerlich die Frage, was davon man eigentlich spielen möchte. Geht es um die rasante Weltraumaction, bei der es kracht, die Luft nach geschmolzenem Plastik oder Panzertroplon riecht und die Schutzschirme sich aufblähen und platzen? Oder geht es den Hauch des Exotischen, den Sense of Wonder, beim dem merkwürdige Außerirdische vorkommen und die Terraner und ihre Verbündete kleine Helfer in Spiel kosmischer Zusammenhänge sind? Oder will man gewaltige Raumschlachten spielen, bei dem es eher um strategische Entscheidungen geht und die Frage, wie eine drohende Invasion zurückgeworfen werden könnte. Man könnte natürlich auch einen der vielen Hintergrundromane spielen, bei dem die Charaktere Außerirdische auf einer fremden Welt spielen und dabei den Werdegang mancher Charaktere aus der Serie nachspielen.

All das und vieles mehr bietet Perry Rhodan. Deswegen erscheint es mir auch ganz klar, dass man nicht mit einem Rollenspiel alle diese Aspekte, diese verschiedenen Teilsettings abbilden will. Für mich sollte ein Setting gleichsam eine gewisse Art von Geschichten nahelegen, die darin spielen können.

Was bedeutet das konkreter? 


Perry Rhodan - Das Rollenspiel 


Bisher gibt es zwei offizielle PR Rollenspiele: ein sehr altes von Agema, das ich zwar irgendwo im Keller habe, aber zu dem ich einfach gar nichts sagen kann, und ein neueres auf Basis von Midgard, das bei edition Dorifer erschienen ist. Bei diesem Rollenspiel ist mir nicht ganz klar, was aus dem Perry Rhodan Setting man dort spielen möchte. Meines Erachtens handelt es sich um typische Weltraumagentenabenteuer. Das Spiel hat den Anspruch ein glaubhaftes Bild des Perryversums zu zeichnen und dabei eine fiktionale Realität erlebbar zu machen. Es geht mir hier gar nicht so sehr um Regelmechanismen oder ähnliches, aber man soll gewissermaßen die Alltagshelden in der Welt übernehmen, die mit ihrer Umwelt interagieren. Man spielt daher Humanoide, die sich nur in bestimmen Eigenarten unterscheiden und die Ausgewogenheit der Charaktere ist ein großes Ziel des Systems. Der Ansatz wird von den Autoren als simulationistisch beschrieben.

Mein Problem mit dem System ist neben der häufig bemängelten Komplexität des Regelsystems, dass ich keinerlei Ahnung habe, wo diese Art von Untersetting im Perryversum tatsächlich vorkommt. Gewiss gibt es viele Romane, wo "normale" Terraner mit Außergewöhnlichem konfrontiert werden. Aber auch diese Geschichten sind nicht darauf ausgelegt, eine zukünftige Realtität 100% abzubilden, sondern sie enthalten immer eine große Prise an Außergewöhnlichem. Ich bin daher auch der Meinung, dass ein System wie das auf Midgard-basierende nicht gut mit dem Setting funktioniert.

Weltraumagentensaga: Das Cypher System 


Mein erster Versuch eines PR Rollenspiels mit dem Cypher System liegt darin, Geschichten über Agenten im Weltraum zu erzählen. Es gibt eine Verschwörung, einen übermächtigen Bösen im Hintergrund, es gibt atemberaubende Technik, man hat das Gefühl in einem Universum zu sein, dass zwar in sich stimmig ist, aber nicht notwendig eine alternative Realität simulieren will. Stattdessen geht es um eine oberflächlichere Betrachtung von Alltags-Details: man spielt eigentlich einen (hoffentlich) spannenden Plot. Es geht um Spionage, geheimes Eindringen, oder auch Enttarnen von feindlichen Agenten mit einem Kreis von Verdächtigen und viel Mut zum spontanen Lückenschluss, wenn es doch mal ganz anders kommt. Das Cpyher System war für mich da eine bewusste Wahl. Mit Hilfe des Systems lassen sich einerseits recht einfach die entsprechenden technischen und andere Sonderfähigkeiten abbilden und andererseits lässt sich als Spielleiter extrem schnell improvisieren. Mehr als eine Stufe (eine einzige Zahl) braucht man vom System her eigentlich nicht, um einen Gegner darzustellen. Der Rest ist Fantasie und Rollenspiel.

Weltraumaction mit Mutanten: Cortex Prime Heroic 


Was das Cypher System nicht so sehr befördert ist das Spielen krachender Actionszenen mit stark unterschiedlich starken Charakteren. Tatsächlich hat der Ansatz mit dem Cypher System gezeigt, dass die Spieler vorsichtiger und zurückhaltender agieren. Das passt gut zu einem Agentensetting (jenseits der aktuell üblichen Actionfilme mit Agenten, wie James Bond, Kingsmen u.ä. ), aber es passt eigentlich nicht so gut, zu den Perry Rhodan Geschichten, in denen die Raumsoldaten der Basis mit Hilfe der Mutanten versuchen eine Raumstation zu erobern. Hier war die Idee Cortex Prime Heroic (quasi das alte Marvel Heroic RPG System) als Grundgerüst zu nehmen und damit Mutanten und ähnliches spielbar zu machen. Man kann damit ohne Problem einem Spieler Gucky, einem anderen Icho Tolot und dem dritten Perry Rhodan selbst spielen lassen, ohne dass das spannende Spiel zusammenbricht. Die gewaltigen Unterschiede im Machtgrad der Charaktere werden durch Plotpunkte und den erzählerischen Ansatz, bei dem man stets erzählt warum die Fähigkeiten des Charakter hier gerade passen, gut aufgefangen. Man kann damit tatsächlich ganz einfach einen relativ linearen Plot eines Hefts, wie die Eroberung einer Raumstation nachspielen.

Strategische Raumschlachten? Nicht meins 


Wen an der Perry Rhodan Serie die strategischen Raumgefechte interessieren und wer da gerne mit Rollenspielelementen nachspielen möchte, der suche woanders. Ich habe dazu nur die Meinung, dass mich dieser Teil der Serie nicht so sehr interessiert und ich auch kein Bedürfnis verspüre, es umzusetzen.

Exotische Lebensgeschichten von Außerirdischen zum Hintergrund: Microscope


Interessiert man sich für exotische Hintergrundgeschichten, ist meines Erachtens Microscope ein toller Kandidat. "Wie ist es dazu gekommen, dass das Volk der Sawpanen eine Hilfsvolk der Seth-Apophis wurde?" könnte ein guter Start in eine Microscope Sitzung sein, die einem viele spannende Einblicke liefert. "Warum haben die Kolonisten von Fraternitas eigentlich Chlorophyll in der Haut?". All das macht sicher Spaß, um es zu erkunden.

Fazit 


Ein Setting wie Perry Rhodan verdient nicht ein Rollenspiel, sondern eventuell ganz viele verschiedene, die der Vielfalt des Hintergrund und den fast 3000 Romanheften plus etwa 1000 in Zusatzserien gerecht werden. Im Vordergrund sollten die Geschichten stehen, die man gemeinsam erleben will. Für mich ist aber dennoch klar, ein simulationistischer Ansatz wie durch das Midgard-basierte System beschreibt nicht mein Perryversum, sondern es zwingt das Perryversum in ein sehr schlecht passendes Korsett.

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